der Mistelzweig

Jetzt am Sonntag war ich mit der Gattin lange und ausgedehnt spazieren gegangen. Das Wetter war ja beinahe schon Frühlingshaft, jedenfalls meinten das Herr Amsel und Herr Fink, die lauthals um die Gunst der Damen buhlten.
Vogelgezwitscher macht Menschen ja auch immer paarungsbereit. Denn wo Vögel singen, da droht keine Gefahr. Da lass dich ruhig nieder!
So erklärt sich auch die Herkunft des hübschen volkstümlichen Wortes "vögeln".
Denn plötzlich blieb die Gattin unter einem ziemlich zugewachsenen Baum stehen und verlangte nach einem Kuss.
Den könnte sie auch zu Hause in trauter Umgebung haben, meinte ich.
So in aller Öffentlichkeit!
Aber sie deutete auf einen herabhängenden Mistelzweig.
Man würde sich immer unter einem Mistelzweig küssen.
Ich schüttelte den Kopf.
Alles muss wohl bedacht sein!
Man darf alte Sitten nicht einfach so adaptieren, ohne die Hintergründe zu kennen. Wer sich unter einem Mistelzweig küsst, muss damit rechnen, binnen eines Jahres verheiratet zu sein.
Mit der Gattin bin ich allerdings schon solcherart verbandelt. Es würde also erst einmal eine Scheidung ins Haus stehen.
Und dann nochmal alles von vorne?
Aber mit wem?
Vielleicht mit der rassigen Bäckereifachverkäuferin, die mich immer so knusprig-heiß-feucht wie ihre Brötchen anschaut?
Vielleicht würde sich die rassige Bäckereifachverkäuferin auch etwas mehr um unseren Garten kümmern, wenn sie dann bei uns eingezogen ist, überlegte ich laut.
Doch die Gattin ging gar nicht auf meine Überlegungen ein, sondern weiter.
Sie würde sich dann natürlich auch einen knusprigen, rassigen Mann zulegen und es wäre wohl sinnvoll, wenn ich ausziehe.
Es dämmert dem Leser, dass wir uns nicht unter dem Mistelzweig geküsst haben. Denn ich habe die Gattin erst wieder an der Teichbrücke eingeholt.
bleibe mir gewogen,
Klaus
begleitendes Tagebuch zum Film ICH AN MICH. The MAKING OF:
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Klauswitte - 21. Jan, 17:13