Der Borbecker an sich Teil 01

Dampfbierbrauerei und S9
Der Borbecker an sich ist ein ganz besonderer Menschenschlag.
Das ist mir heute mal wieder am Bahnsteig der S9 Richtung Essen und Wuppertal aufgefallen.
Der Zug kam nicht ganz am Anfang des Bahnsteiges zu stehen.
Bis zur ersten Tür waren nun 250 Zentimeter zu gehen. Eine weite Strecke, wenn man eine Schnecke ist. Oder eine Ameise auf Burschenwanderschaft (oder Wanderburschenschaft?). Es handelte sich aber einen älteren, rüstigen Herrn, der dort den Zug erwartete.
Als erstes schlug er mit seinem Regenschirm über die Windschutzscheibe, dass der Lokführer nach hinten weg tauchte. Seit Urzeiten würde er immer da am Ende stehen, der Lokführer müsste ihn doch gesehen haben, ob er eine Blindnuss wäre.
Zaghaft steckte der Lokführer seinen Kopf aus dem Fenster, es wäre wohl besser, wenn der Fahrgast sich ein anderes Verkehrsmittel wählen würde.
Oho, - mit diesem zaghaften und ungefragten Ratschlag kam er bei unserem wackeren Borbecker gar nicht gut an, der Schirm schlug im Fensterrahmen auf. Der Lokführer war gerade noch rechtzeitig abgetaucht.
Das ist keine Ausnahme.
Neulich habe ich die Gattin auf den Markt begleitet. Wollte ich eigentlich gar nicht erwähnen, ausschließlich Rentner besuchen diese an sich recht hübsche, aber hoffnungslos antiquierte Einrichtung.
Wegen der Krönung fehlte der Käsestand.
Und da stand ein typischer Borbecker und schrie laut nach Käse. Dabei fuchtelte er wild mit seiner Tragetasche herum, so dass der Platz im weiten Umkreis frei blieb. Auf Holländer ist eben kein Verlass! schimpfte er. Irgend so ein Thronwechsel im Ausland und er muss auf seinen Käse verzichten!
Einen typischen Borbecker erkennt man übrigens immer an der anmutigen Kartoffelnase.
Quer durch Borbeck, durch die Fußgängerzone, zockelt die 103, eine Bandwurm-Straßenbahn.
Wenn da mal eine Borbeckerin mit ihrem Rollator in der Spurrille ist, dann bleibt die da auch.
Da kann die Bahn bimmeln bis die Bimmel abfällt.
Schließlich war das immer ein Spazierweg gewesen. Vor 1000 Jahren ging man hier bergan durch einen lichten Wald zum Oberhof Borthbeki. Da war die Straßenbahnlinie nicht einmal in der Planung gewesen!
Warum sind die Borbecker so eigen? Sie haben es noch nicht verwunden, dass sie vor gerade mal 100 Jahren der stinkenden Stadt Essen zugeordnet worden sind. Ohne gefragt zu werden!
Übrigens hat die Gattin überhaupt keine Kartoffelnase. Ich nehme an, dass ihre UrUrUrUr-Großmutter 1808 mit einem Franzosen fremd gegangen ist, als Borbeck französisches Territorium war.
Bleibe mir gewogen,
Klaus
begleitendes Tagebuch zum Film ICH AN MICH. The MAKING OF.
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Klauswitte - 21. Mai, 18:07